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29. München - Marathon - 2014
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Vor dem Start. |
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Erledigt!
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Finisher im Olympiastadion. |
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Mein erster Marathon in München
Oft hab ich daran gedacht, eines Tages in München den Marathon zu laufen.
Oft habe ich daran gedacht, einmal im Olympiastadion zu stehen. Da waren die
Bilder aus dem Fernseher. Olympische Sommerspiele 1972 und alles was da sonst noch war.
Und es begab sich, dass die Mauer plötzlich weg war. Mehr als 25 Jahre her. Aber da
waren andere Vorhaben, die wichtiger waren. Gelaufen bin ich, glaube ich, schon mit
unter einem Jahr. Zugegeben, mit 12 Jahren ungefähr lief ich um den Dorfsportplatz
um abzunehmen. Der Dorfsportplatz war gut gepflegt, wie mein Bauch. Zu gut. Der Speck
musste weg. Bewegung war dafür gut geeignet. Das hatte ich schnell erkannt. Eine andere
Geschichte.
1999 lief ich meinen ersten Marathon um den Rursee.
In diesem Jahr lief ich meinen ersten München-Marathon. Der Marathon wurde zum neunundzwanzigsten
Mal in München ausgetragen.
München ist mit rund 1,4 Millionen Einwohnern die einwohnerreichste Stadt Bayerns, die Landeshauptstadt
und die flächenmäßig größte Stadt im Freistaat.
Wir mögen München. Meine Frau und ich.
Ich war schon mindestens vier mal für einige Tage in München. Im letzten Jahr lief
ich meinen persönlichen Erkundungslauf in München. Vom Viktualienmarkt zum Olympiastadion,
zum Schloss Nymphenburg und weiter zurück zum Viktualienmarkt. Meine dritte lange Strecke
in München, bei der ich mir die Stadt ansah. Ich kannte den Eisbach mit den Surfern, den
Englischen Garten, den Marienplatz, das Siegestor, die Pinakotheken, die Steele, die Frauenkirche und ...und …
München eben! Fahr doch mal hin!
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Wir fuhren am Samstag vor dem 29. Marathon nach München.
Was bleibt von der Fahrt im Gedächtnis? Baustellen! Was sonst?
Unser Hotel lag in Bahnhofsnähe. Die „Wiesn” auch nicht weit.
Da waren noch nicht alle Bauten abgebaut. Nach der Wiesn ist
vor der Wiesn. Egal.
Jetzt war vor dem Marathon. Wir waren wieder im Pschorr.
Vorher suchten wir das Hofbräuhaus. Nicht das wir dort ein
Bierchen genießen wollten. Nein. Wie wollten nur mal von
außen schauen. Die Kaufingerstraße war mit schlendernden
Menschenmassen überfüllt. Wir liefen bald auf parallelen
Straßen, weil es einfach zu voll war!
Bis fast zum Isartor liefen wir, bevor wir uns über den
Viktualienmarkt drängten. Endlich das Pschorr.
Zwei Plätze in der Galerie. Ein toller Überblick auf die
Gäste unten. Zwei Bier und was Leckeres zum Essen gab es
und noch ein Bier, diesmal die dunkle Variante. Das war
der Abschluss der Vorbereitungen.
Alles war gut.
Unser kleines Hotelzimmer war gemütlich, und das Fenster stand offen.
Draußen auf den Straßen kreischten ab und an die Reifen der wilden
Münchner, die zügig an den Ampeln anfuhren. In der Nacht und ohne
Geschwindigkeitskontrolle geht das. Martinshörner in der Nacht.
Der Morgen kam und das Frühstück auch. Ein gutes Buffet gab es.
Alles was ich brauchte war da. Bald gingen wir zum Bahnhof.
S-Bahn–Suchen. Die Hinweisschilder sind ungünstig angebracht.
Na ja wir fanden die S-Bahnhaltestelle unterm Bahnhof. Vom
Marienplatz sind wir mit der U-Bahn zum Olympiastadion gefahren.
Ein netter Münchner hat uns beraten und beruhigt: Wir kommen
pünktlich an!
Und wir waren pünktlich. Kein Stau an der Startnummernausgabe.
Alles entspannt. Noch ein Kaffee und eine Stunde Zeit bis zum
Start. Ein kleines Mädchen, sie mochte 5 Jahre alt gewesen sein,
lief ab und an im Sprinttempo vom Vater zur Wand des Event-Centers in meiner Nähe.
Auch gut. Dann spielten Vater und Tochter noch fangen. Und wir gingen
zum Start.
Die Sonne lachte uns. Es war noch etwas kühl. München, die BMW–
Stadt. Ein BMW fuhr zum Start und begleitete die VIPs. Rasen, Bäume,
Gebäude und Läufer spiegelten sich in den Seen.
Wunderbar.
Viele Menschen–Läufer–die mit uns zum Start wollten. Mehr als
21.000 Läufer am Start. Aufwärmen, herunter zählen, Fotos machen.
Der Tod hinter mir. Ein Läufer im Kostüm.
Er würde mich verfolgen.
Wie im echten Leben.
Start. Aufpassen, die langsamen Läufer überholen. Abwarten, nicht
stolpern. Ich merke mir einige Läufer. Keinen sehe ich am Ende wieder.
Ich beginne vor dem Odeonsplatz, wo wir die Richtung wechseln und den
hinter uns Laufenden entgegenlaufen, zu überholen.
Ich werde schneller und denke: Vielleicht geht es mal heute unter 4:30 h?
Immerhin war ich ein paar Tage vorher an der Kyll unterwegs. Zwei Lauftage und 125
Laufkilometer. Wunderschön und mit Freunden!
Und in München?
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Treppe in der Alten Pinakothek. |
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Ich werde sehen. Das kenne ich. Nach einem langen Laufwochenende und ein
paar Tagen Ruhe geht es immer gut. Auf den ersten 20 Kilometern.
Abwarten ist die Mutter der Laufschuhe.
Ja?
Im Englischen Garten werde ich immer schneller. Zehn Kilometer unter 60
Minuten, Klasse.
Nach 15 Kilometern sehe ich die Radfahrerin in Strapsen und Röckchen, die
ihren Läufer begleitet. Die war mir schon vorher aufgefallen. Am Start wohl.
Rote Haare, geschminkt, auffällig der kurze Rock und die Beine in den Strümpfen.
Wer es mag. Gut anzusehen und ich laufe schneller. Abgelenkt.
Sie bleibt hinter mir, und ihr Läufer bekommt etwas zum Trinken.
Wir laufen über die Isar. Bei Kilometer 19 beginnt eine sehr lange Gerade.
Irgendwie ist das München. Ich weiß. Aber sonst wäre ich hier nicht hergefahren.
Ich werde langsamer. Der Einbruch kommt. Nicht so stark, wie erwartet, aber er ist
greifbar da. Die lange Gerade quält mich etwas. Aber nicht so, wie sie es will. Ich
laufe eben langsamer. Die Frau im grünen Taftkleid ist wieder da. Ich sehe sie
mindestens vier mal. Sie schleudert mit bunten Puscheln in den Händen und findet
uns klasse. Sie ist etwas dick geraten. Ich laufe schneller. Suche das Weite.
Rhythmusbands. Rockbands.
Der Startplatz für die Halbmarathonläufer kommt näher. Die starten aber erst 14:30 Uhr,
wenn ich mich nicht irre. Kaum Publikum. Die Innenstadt liegt ja längst hinter uns. Da
war noch was los. Im Englischen Garten gab es auch wenig Zuschauer.
Egal. Ich will ja hier nur laufen.
Nach 28 Km - endlich–geht es wieder in die Innenstadt.
Vorbei am Deutschen Museum. Publikum gibt es hier auch wieder mehr. Sendinger Tor,
Marienplatz mit Rathaus, Residenztheater, Odeonsplatz, Hofgarten, ein Abstecher in
die Maxvorstadt und zurück zum Olympiastadion. Schön. Vor mir die Verlockungen der
Läuferinnen. Wie sie sich bewegen. Manche kämpfen, schwitzen, strengen sich an.
Eine andere muntert ihren Freund, der einen Durchhänger hat, auf und lächelt
Radfahrer an der Strecke an. Sie ist verdammt gut drauf und sieht auch so aus.
Der Glückliche schwitzt und strengt sich an, seiner Angebetenen zu folgen. Ich
schaue mir alles an und bin völlig entspannt. Ich werde kurz nach meinen
angepeilten 4:30–bei 4:31:11 h–über die Ziellinie laufen. Eine Läuferin
überholt mich. Sie trägt ein T-Shirt mit: „locker laufen” aufgeschrieben darauf.
Na ja sie quält sich. Ich meine zu ihr: „Locker bleiben! Steht auf dem T-Shirt.”
Sie kann nicht lachen.
Kilometer 41. Bald ist es so weit. Endlich laufe ich durch den dunklen Gang, der
mich mit künstlichem Rauch und Lärm empfängt, in das Stadion ein. Ja, es ist so,
wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich laufe in das Olympiastadion ein. Toll.
Eine Ehrenrunde.
Viel Publikum. Es ist laut, überwältigend und doch beschleicht mich etwas Wehmut.
Dagmar ruft und winkt irgendwo. Ich sehe und höre sie nicht. Ich denke mit jedem Laufschritt
nach. Ich sehe Olympia 1972. Ich sehe mich im Stadion 2014.
Die Bayern habe hier auch viele Jahre gespielt.
Jetzt bin ich hier und laufe noch die restlichen Meter. Meter um Meter, aus der
Vergangenheit, im Olympiastadion und in die Zukunft.
Ich bekomme die schöne Marathonmedaille.
Zwei alkoholfreie Biere. Läufer auf dem Kunstrasen. Glück, Schmerzen, Freude und
Nachdenklichkeit liegen auf dem Kunstrasen. Meine Gedanken schlagen Purzelbäume.
Wer hätte das gedacht: Ich im Olympiastadion?
// © Jörg Segger / 11.09.2014//
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