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IlseBroHuy2013, ca. 100 Kilometer Laufvergnügen
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Vor dem Start. |
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Mitten drin.
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Vor der Kaufhalle Darlingerode. |
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IlsoBroHuy.
Landschaften. Landschaften, die man kennt. Landschaften, Heimat, geboren mit dem Brocken
als sehr entfernter markanter Punkt am Horizont. Der Brocken ist nur an besonderen Tagen
von meinem Geburtsort aus zu sehen. Manchmal kann man sogar den Sendemast und ein Gebäude
erkennen. Meistens gab es, nachdem der Brocken zu sehen war, schlechtes Wetter.
Der Brocken ist die höchste Erhebung des Harzes. Er ist 1142 Meter hoch.
Kurz nach der Wende gab es um den Gipfel noch eine drei Meter hohe Mauer aus
Betonteilen und es gab, in Baracken, russische Soldaten. Seit dem ersten Besuch,
es war 1990 im Frühjahr, war ich fast in jedem Jahr einmal auf dem Brocken.
Irgendwie waren und sind die Besuche wie die Einlösung eines Versprechens,
welches wir uns auf den zahlreichen Wanderungen im Harz gaben. Wenn wir ihn
sahen. Der Berg, den Heine und Goethe besuchten und wir, bis nach der Wende,
nicht besuchen durften.
Jetzt war ich am Montag wieder dort. Wir übernachteten in Ilsenburg. Wieder im
Waldhotel Ilsenburg, sehr schön im Ilsetal gelegen. Die Fenster hatte ich in der
Nacht geschlossen. Die Ilse fließt laut und aufgeregt am Hotel vorbei.
Wir haben uns natürlich auch wieder Ilsenburg angesehen. In der „Alten Nagelschmiede”,
das ist ein schönes Restaurant, gab es wieder leckeres Essen. Für mich diesmal
vegetarische Gemüsepfanne.
Dazu ein in Detmold, nach Ilsenburger Rezept gebrautes, Ilsenburger Landbier. Und?
Ja, einen Schierker Feuerstein. Das musste sein. Die nette Bedienung empfahl uns,
doch mal von dem Hexenflugbezin zu kosten. Das habe ich dann auch getankt, ehm gekostet.
Und das Flugbenzin wirkte noch am anderen Morgen nach. Anders kann ich mir nicht erklären,
dass ich so gut auf den Brockengipfel steigen konnte.
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Blick zum Hotel "Rote Forelle". |
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Hexenflugbenzin und andere Kräuter der Region. |
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Um 5:00 Uhr stand ich am Start. Charly auch. Ich war noch etwas müde, lief aber
gut gelaunt mit meiner Stirnlampe den Weg suchend, an der Ilse entlang, in
Richtung Brocken.
Da der Weg bis zum Brocken hoch und noch etwas weiter, ein Teilstück der
Strecke des Brocken-Marathons darstellt, den ich schon einige Male erfolgreich
bestritten hatte, und von anderen Besuchen auch, kannte ich die Strecke gut.
Trotzdem: Der Morgen war noch sehr frisch und es war dunkel. Unheimlich irgendwie,
im Wald zu laufen. Die Ilse gab mit ihrem Wasserlauf und den kleinen Wasserfällen ein
eigenes Konzert.
Bald war es so steil, dass ich gehen musste. Dann die Abzweigung zur Plessenburg. Da
werde ich bald weiter laufen. Aber zuerst einmal hoch zum Brocken. Viele abgestorbene
Bäume. Nationalpark Harz. Der Borkenkäfer, also seine Sippschaft, darf sich hier austoben.
Es war sehr windig. Wenn jetzt nur kein Baum vom Wind umgeknickt wird. Immerhin standen die
morschen Bäume dicht am Wegesrand. Ein Schild wies auf die Gefahr hin und wenn schon, würde man
eben auf eigene Gefahr weiter gehen.
Langsam dämmerte der Morgen. Wolkenfetzen in den Bäumen. Zerzaust vom Wind wurden sie durch den
Wald getrieben. Kalter Wind und noch nicht ganz Ende der Nacht. Dann rechts von mir die berühmten
Klippen. Ich lief dort hin und schaute in die vor mir liegende Landschaft, die sich bereits im
aufkommenden Morgen andeutete. Die Eckerlochtalsperre. Die Grenze zwischen West und Ost teilte
bis 1989 den Stausee. Silbern. Silberlicht weit unten zwischen den Wäldern.
Der steile Fahrweg hoch zum Brocken. Wilder Wind fegte die Wolken über den Weg, auf dem zu Zeiten
der Grenze die Kontrollfahrzeuge und Truppentransporter verkehrten. Die Wolken schienen sich ab und
an in den Bäumen zu verheddern. Wurden aber doch weiter getrieben. Gefolgt von weiteren, manchmal
Nieselregen bringenden, hinterher getriebenen Wolkenfetzen. Der Wind griff nach den Bäumen und Baumstüpfen
und nach mir. Und ich wanderte noch. Es war sehr steil, bis ich endlich 1000 Meter Höhe erreichte.
Ein Schatten im Gebüsch. Es war nichts. Dann eine flachere Strecken und die Schienen der Schmalspurbahn.
Den Sendemast erkannte ich erst, als ich längst den Wind in den Verstrebungen heulen hörte. Schemenhaft
zeichnete er sich nur bis zur unteren Plattform ab. Der Rest versteckte sich in den Wolken.
Der Gipfel wird mit großen Felsbrocken markiert.
Ich lief in kurzer Hose und ärmelloser Regenjacke. Zum Glück sah ich kein Thermometer, sonst hätte
ich mich sicher vor Kälte geschüttelt. Die Straße abwärts nach Schierke ist neu asphaltiert. Das
Schild des Brockenwirtes leuchtete, die Bahnstation menschenleer und endlich Windschatten. Weiterlaufen.
Wie war es damals wohl, so als russischer Soldat, oben auf Abhörstation, bei minus 25 Grad Celsius und
fern der Heimat?
Die Baummonster, von der Witterung verkrüppelt, sehen nicht alle lustig aus. Der Wind spielt mit den
Ästen und es war unheimlich. Kein Wunder, dass hier im Harz viele Märchen und Sagen entstanden sind.
Ich war allein. Ich hatte keine Menschenseele getroffen, bis dahin.
Abwärts geht es. Bald der Weg „Gelber Brink”. Das kenne ich alles hier. Bald der Wegabschnitt, wo die
Ilse unterirdisch verläuft. Es bollert und poltert, wenn das Wasser mit jungen
Felsen spielt.
Endlich Lebewesen. Es sind ein paar Rehe, die mich anschauen, kaum 10 Meter entfernt und sich wundern,
was ich hier mache. Langsam, ohne Eile, gehen sie in den Wald und schauen noch aus einiger Entfernung zu mir.
Dann Menschen. Zwei Holzfäller und ein Traktorist. Dann geht es, nach einem langen schnellen Abstieg
vom Brocken herunter, wieder hoch zur Plessenburg.
Dann hat mein Navi einen anderen Weg, als die folgenden Waldabschnitte bis Darlingerode. Ich improvisiere.
Es reicht ja aus, wenn ich die Richtung einhalte. Dagmar ruft mich an. Die Ruhe im Wald wird gestört. Sie
frühstückte gerade. Ich sehe einen Hund oder so etwas ähnliches. Schaue genauer hin. Das Tier sieht hübsch
aus. Ein langer, gut gepflegter Schwanz. Aha, er schaut mich an. Vor mir steht, in etwa zwölf Meter Entfernung,
ein Fuchs, den ich in seiner Jagd unterbrochen habe und der mich entsprechend anschaut. Dann entschließt er sich,
doch schnell im Wald zu verschwinden.
Darlingerode. Eine Kaufhalle und Dagmar. Ich bin ziemlich durch gefroren, werde aber beim Laufen wieder warm.
Reddeber und ein langer gerader Weg mit dem Blick zum Wernigeroder Schloss, weiter nach Heudeber.
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Hinter mir liegen die Erhebungen des Harzes. Vor mir die des Huy. Der Huy ist etwa 20 Kilometer lang und 5 Kilometer breit.
Überhaupt werde ich an dem Tag viele Kilometer geradeaus laufen. Auf stark bewachsenen Feldwegen, an Bahnschienen und im
Großen Bruch an Entwässerungsgräben entlang. Ein schöner und sehr anstrengender Lauf.
Immer wieder sind Feldwege einfach umgepflügt und ich muss über eine Ackerfläche traben.
Bei Athenstedt zum Beispiel.
Den Weg durch den Huy nach Dingelstedt zu finden, war nicht einfach. Es gab viele Wege einfach nicht mehr,
die ich auf meinem Navi hatte. Immerhin ist der Huy Naturschutzgebiet. Also lief ich die Hauptwege entlang.
Manche Strecken mehrfach. Auf der Suche, einen kurzen Weg nach Dingelstedt zu finden. Ich fand ein Schild nach
Mönchhai oder zum Röderhof. Die Kilometer hatte ich bereits absolviert. Also trafen wir uns am Röderhof.
Auf dem Berg die Spitzen der Kirche des Klosters auf der Huyburg.
Ein Schloss und ein alter Wirtschaftshof. Den kannte ich aus vergangenen Tagen. Und da war sie wieder: Erinnerung.
Hochgewühlt beim Laufen. Nichts Besonders, nur die Gedanken an ein Stück Leben. Damals, als wir hier am ersten
Diensttag die Zivilsachen abgaben, um sie einlagern zu lassen und Erinnerung an den letzten Diensttag, als wir sie
dann endlich wieder anhatten. Unser Spieß forderte uns auf, auf dem Heimweg nicht zu überteiben. Wir sollten
gesund nach Hause kommen. Das war dann längst vorbei. Im Harz die schönen Wanderungen auch. Vor mir lagen noch
etwa 40 Kilometer.
Immer wieder schlechter Handyempfang.
Hinter dem Röderhof ein betonierter Weg, der vor Jahren zu einer Schweinemastanlage führte und jetzt von einem
Hundeplatz versperrt wird. Ehe ich wieder unter Obstbäumen hindurch, auf einem alten und gepflasterten Weg,
weiter laufen konnte, musste ich mich durch Unterholz durcharbeiten und Brenneseln niedertreten. Kein Problem.
Wunderschöne und sehr flache endlose Wiesen und Entwässerungskanäle im Großen Bruch. Weidende Kühe. Wenige Menschen.
Abgesperrte Feldwege. Viele Pflaumenbäume zum Naschen. Leider waren die Birnen noch zu hart und die Äpfel noch nicht reif.
Ich lief, verlief mich nicht.
Ich kannte ja die Richtung, dem Navi sei Dank.
Nach etwa 100 Km hatte ich mein Hauptziel erreicht.
Ein wunderschöner, stellenweise etwas herber Lauf, ein Genusslauf, etwas Einmaliges, lag hinter mir.
Es war ein besonderer Lauf von Ilsenburg, auf den Brockengipfel, an Wernigerode vorbei, nach Heudeber,
durch den Huy und durch das Große Bruch bis ins Hohe und Saure Holz hinter Oschersleben.
Dagmar hat mich wieder unterstützt und versorgt. So konnte ich mich ganz der Landschaft und der Strecke
hingeben.
Und die Schatten der Vergangenheit sind neu ausgeleuchtet. Die Erinnerungen stehen wie Trophäen im Regal.
So war es damals. Nichts Besonderes und es war ein toller Lauf.
Etwas nüchterner:
Ilsenburg ist wirklich schön geworden in den Jahren nach der Wende. Der Brocken ist eine gut besuchte
Touristenattraktion. Der Harz insgesamt. Auch ein toller Ort für Sport und Freizeit.
Die Infrastruktur der Gegend ist in einem sehr guten Zustand. Belebte Industriegebiete gibt es überall.
Wernigerode ist eine Reise immer wert. Leider waren wir in diesem Jahr nicht dort. Ich sah das Schloss auf dem
Berg aus der Ferne beim Laufen.
In den kleineren Orten, durch die ich kam, hat sich auch viel getan.
Manche schienen mir etwas verträumt und sehr ruhig. Allermeist ordentlich
und schön anzusehen.
Auf den riesigen Feldern arbeiteten genauso riesige Maschinen.
Für mich sieht das alles gut entwickelt und gesund aus.
Bendiktinerkloster Huysburg.
Burg Wasserleben.
// © Jörg Segger / 07.09.2013//
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