„Den Weg zu finden, ist Teil der Challenge”,
schrieb Tom in der Ausschreibung. Es war in der Tat so!.
Fantastisch um so mehr die Siegerzeit von etwas über achtzehn Stunden.
Das alles kann hier nachgelesen werden
auf der Koelnpfad - HP.
Doch ich will wieder der Reihe nach berichten.
Am Freitag habe ich vor der Anfahrt noch etwas
geschlafen. Dann hat mich Dagmar zum Zug gebracht
und ich war mit Bahn und S-Bahn schnell am Thuleweg
in der Bezirkssportanlage.
Ein großes Schild stand am Anfang, welches ich ob der
Größe wohl zuerst übersehen hatte.
Herzlich wurde ich von Tom begrüßt, der gerade dabei
war, die Lautsprecher aufzustellen.
Alles war liebevoll und hervorragend von Tom und
Torsten organisiert. Ein tolles Helferteam unterstützte ganz hervorragend die Veranstaltung.
Ich war früh da, holte mir die Startunterlagen,
schwatzte mit Dagmar, die an der Startnummernausgabe
alles managte und die ich seit Jahren kenne.
Alles gut!
In den Umkleideräumen traf ich Roland und Rolli. Kleines Schwätzchen gefällig?
Danach legte ich mich noch ein paar Minuten auf die Bank im Umkleideraum und bald kam auch Joachim, der mich vor dem Start noch moralisch unterstützen wollte.
Wir schwatzen noch etwas, er wünschte mir gutes Gelingen und wir verabredeten uns für die letzten Kilometer.
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Dann ging ich bald zum Start.
Es gab die Tracker, die nicht alle unterwegs funktionierten, wie sich
bald herausstellte, die letzten Unterweisungen und viele bekannte
Gesichter. Meine Stimmung hob sich immer mehr. Man klopfte mir
hier und da auf die Schulter, wir wünschten uns viel Glück für
den Lauf.
Dann ging es auf die Strecke. Zuerst durch Dünnwald, wo das Feld
bald an einer Bahnanlage getrennt wurde.
Zum Anfang sah ich Conny, die dann zweite Frau wurde, immer mal wieder.
Auch mit der Siegerin bei den Frauen lief ich zum Anfang immer mal wieder.
Frank und ich waren virtuos an den Garmin Geräten, um die Strecke zu finden,
und wir liefen die erste 38 Km bis zum ersten großen VP zusammen.
Es war angenehm!
Die Beschilderung ist für Läufer teilweise ungünstig angebracht. Manchmal
fehlt sie an einigen Stellen. Ich wurde das Gefühl nicht los, das einige
nicht nachdenkende Zeitgenossen, auch mal ein Schild umgedreht hatten
oder abgeräumt haben. Zum Glück wurden sogar noch Karten vom Kölnpfad
am Start ausgegeben, und ich hatte das Garmin dabei.
Bald wurde es hell.
Davor die Lichter der Stadt. Die Lichter der Industrieanlagen. Im Wald
auch schon mal ein Käuzchen, welches uns zurief: „Kuwitt”, was sich anhörte
wie: „Komm mit!” Aber wir wollten ja nur laufen.
Es sollten 171 Km werden und es wurde sicher bei fast allen Läufern auf
der Gesamtstrecke mehr.
Bei mir am Ende ca. 182 Km.
Den ersten unbemannten VP verpasste ich und andere auch.
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Aber ich hatte so und so einen Liter Getränke plus einen halben
Liter Reserve dabei. Also keine Probleme. Die Fassbrause vom
Sponsor vor dem Start habe ich auch ausführlich genossen.
Auf der offiziellen Seite des Laufes kann alles nachgelesen werden.
Manches musste aufgrund von Bauarbeiten noch sehr kurzfristig
geändert werden. Der VP2 wurde von uns bald über den Rheindamm
erreicht und befand sich aufgrund von Bauarbeiten auch an anderer Stelle. Kein Problem.
Überall nette Helfer, tolle Verpflegung und tolle Stimmung.
Die nächsten VPs haben wir alle gefunden.
An einigen Seen, in Pesch zum Beispiel, mussten wir den Weg etwas
abseits laufen, da es aufgrund des Hochwassers, sehr feucht war.
Unterwegs schlossen sich 110 Km Läufer an. Wir navigierten gemeinsam.
Nette Gespräche, und ich sah alles positiv. In Müngersdorf das Stadion.
Schon beeindruckend, wie viel Grün die Stadt Köln doch zu bieten hat.
An und durch Lindenthal, Klettenberg, Raderthal und Rodenkirchen liefen
wir. Längst war es hell, und die Sonne nahm heftig ihre Arbeit auf.
Man musste genug trinken. Es gab genug zum Trinken an den VPs!
Besonders anstrengend war auch die Strecke bei Rodenkirchen, die durch
Sumpfgelände mit Pappeln und sehr vielen hungrigen Mücken führte. Ich
erschlug einmal neun Stück auf einem Streich. Mehr als das tapfere Schneiderlein und hoffte, dass die Artgenossen nicht zu deren Beerdigung kommen würden und auch, so meine Tapferkeit unterstrichen zu haben, dass ich den Lauf überstehen würde. Ich hatte mit diesen blutdurstigen Geschöpfen leider keinerlei Mitleid!
An der Fähre war ein Kontrollpunkt. Keine Chance über den Rhein unbemerkt
übersetzen zu können.
Da mussten wir schon hin laufen.
Weiter durch Rodenkirchen und den Rhein neben uns im Blick. Über die
Brücke und im grellen Sonnenlicht zum Verpflegungsstand, den Susanne
betreute. Ein wunderbares Erlebnis.
Viel Lachen und Wiedersehensfreude.
Thomas und seine Frau wollten sich dort noch etwas länger ausruhen und
so blieben meine Begleiter für viele Kilometer, hinter mir. Ich sah sie
dann kurz hinter mir am VP7. Sie wollten ja bei 110 Km aussteigen. Die
neue 110 Km Strecke hatte Tom kurzfristig ins Programm genommen.
Immer wieder überholten uns schnelle Staffelläufer. Bald sah ich Kalle
wieder, den ich beim Start getroffen hatte.
Noch lief er vor mir.
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Warten auf die Siegerehrung und das Buffet.
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Die Sonne hatte vor, einige von uns Läufern umzubringen, oder wenigstens
zum Aufgeben zu zwingen. „Nichts da!”, sagte ich mir und lief mutig von
Lülsdorf an durch die endlosen Felder, die so friedlich und harmlos in
der ätzenden Sonne lagen. Interessant und für Ablenkung sorgend war der
Modellflugplatz, wo immer wieder ein Düsenflieger in den Himmel stieg.
Bald ein sehr großes Modell eines Propellerflugzeuges. Aber alles zu
klein, die Sonne zu bedecken.
Libur bot Gelegenheit, in den Schatten zu gehen.
Endlich Schatten.
Ich setzte mich etwas hinter eine Häuserwand. Kreislauf stabilisieren.
Alles gut!
Dann schaute ich zu einer Gaststätte. Etwa acht nette Radfahrer, die
auf ihrer Tour auf dem Kölnpfad schon viele Läufer gesehen hatten,
saßen draußen und sahen mich an.
Neugier.
Ich sah zur Gaststätte und einer fragte, warum ich so schauen würde.
„Ich überlege, ob ich mir ein alkoholfreies Weizen genehmigen sollte!”
Sie riefen mich zum Interview. Einer meinte, als ich nach meiner Bestellung
das Geld hervorholen wollte, er würde bezahlen. Ich bedankte mich und gab
einiges über die Veranstaltung hier, den Kölnpfad, und über mein Läuferleben
dafür preis. Und erntete Anerkennung.
Wir flachsten herum und ich trank mein Bier genussvoll. Es war kühl und
alkoholfrei. Ich war wieder gut dabei auf der Strecke. Wir hatten uns
freudig verabschiedet. Die Kölner sind ein fröhliches und nettes Volk!
Bei Lind durfte ich dann im Teilschatten der Bahndammbezaunung laufen.
Schön.
Abschied von der "giftigen" Sonne!
Vor der Wahner Heide wusste ich nicht mehr,
wann der VP kommen würde und bat in Grengel
einen kleinen Jungen, der mit seinem Bruder
im Garten Fußball spielte, mir etwas Wasser in die Flasche
zu füllen. Bald kam sein Vater und brachte mir eine eiskalte
Flasche mit köstlichem Wasser. Er meinte, er würde doch einen
Kölnpfadläufer nicht vor seiner Tür verdursten lassen.
Alles gut.
Der VP kam dann auch bald.
Kalle
war auch da.
Dann durch die Wahner Heide.
Ich schaute mir etwas abseits
der Strecke die Heide an.
Wunderschön der Abend. Ein Reh kreuzte meinen Weg.
Dann mitten im Königsforst. Hier lief ich schon Marathon und auch
zur Probe für den Kölnpfad mit Joachim.
Und das war gut so.
Ich verlief mich hier nicht.
Bis Bensdorf nicht. Kalle hinter
mir genoss es, dass ich den Weg schnell fand.
Vor Bensberg verlor ich ihn aus den Augen.
Im Ort selber war besonders auffallend, dass hier wie wild
gerast wurde. Grauenhaft und ich musste aufpassen.
Ein Helfer meinte, dass hier Ausschilderung und GPX- Daten
auseinander liefen.
Gut, dass war öfter so.
Ich fummelte mich durch Bensberg.
Ein Staffelläufer überholte mich und meinte, noch ca. sechs
Kilometer bis zum nächsten VP, von wo es dann nur noch 27 Km bis zum
Ziel wären. Aufmunternde Worte fand er und Anerkennung in seiner Stimme hörte ich.
Ja.
Jetzt ging ich schon viele Streckenabschnitte und fand meistens
nur zu schnellem Gehen zurück. Dann der für mich anstrengendste
Teil.
Kalle traf ich auf einer Bank mitten im Wald an. Jetzt kam eine
Strecke an einer Eisenquelle vorbei, die zuerst tief in eine
Senke führte, um dann endlos steil hoch zu führen. Das brauchte
viel Kraft.
Nicht selten fluchte ich ob der Anstrengung. Aber ich hatte mir
das ja vorgenommen. Und ich wurde immer langsamer.
Die Straße nach Breite herunter lief ich schon wieder. Radfahrer
leuchteten mich an und fragten, ob ich Björn wäre.
Zwar fühlte ich mich wie Bjöns Schuhe: kaputt und irgendwie auseinanderfallend.
Ich war aber nicht Björn.
Sie fanden den Staffelläufer aber bald und überholten
mich auf einem steil nach unten und nach Oberlerbach
führenden Grasweg. Ich wurde jubelnd dort am VP 9
empfangen und verpflegte mich, wechselte die Batterien
der Lampen und des Navigationsgerätes aus. Nur meine
körpereigenen Batterien blieben so halbleer oder mehr
ausgelutscht, wie sie waren.
Joachim rief mich an und er startete bald von zu Hause, um mich auch den letzten Kilometern zu begleiten.
Ich war abgelenkt und „raste” nach Heidkamp herunter. Das war aber nicht richtig!
Fand aber bald die richtige Richtung, um auf die Strecke
zurückzukommen. Zur Strafe mit einigen Höhenmetern und mehr
Kilometern. Das musste wohl so sein!
Kalle traf ich auch wieder.
Wir fanden immer wieder zusammen auch die Strecke.
Jetzt war die Markierung schon mit leuchtenden Merkern bedacht.
Irgendwo bei Refrath kam mir ein leuchtendes Sternchen entgegen.
Joachim fragte, von meiner Stirnlampe geblendet, ob ich ein
Kölnpfadläufer sei.
Ich war es!
Wer sollte sonst hier um dieser Zeit unterwegs sein? Freudiges
Wiedersehen.
Einfach klasse, was er da gemacht hat. Mich ausgelaugten Läufer,
jetzt mehr Geher durch die Nacht, zu begleiten. Ja, ab und an
fluchte ich. Aber ich war sicher auch mit meinem euphorischen,
netten Wortschwallen nicht einfach zu ertragen.
Es waren doch die Endorphine.
Joachim hat alles richtig gemacht. Geduldig mich beschwichtigt,
angestachelt, auch getrieben und mir beigestanden, wenn ich
fast alles aufgegeben hätte.
Ich blieb im Rennen.
Musste mich ab und an aufstützen. Mit den Händen auf meine Knie
und wollte nicht schlafen, wenn ich auf einer Bank für Minuten
saß und Angst hatte einzuschlafen.
Es ging immer weiter.
Mal
einen Kilometer in zehn Minuten, mal brauchte ich fünfzehn Minuten
dafür. Manchmal übertrieb ich und lief einige hundert Meter.
Endlich beschloss ich, zehn Minuten sitzend zu schlafen.
Das war richtig.
Danach ging es mir gut.
Ich wurde wieder etwas schneller und konnte manchmal,
wenn auch sehr langsam, wieder laufen.
Die letzten drei Kilometer zogen sich hin, wie die Wochen
vor Weihnachten, als ich gerade sechs Jahre alt war, und
es nicht erwarten konnte.
Und es wurde doch Weihnachten. Fünfhundert Meter vor dem
Ziel drehte ich völlig ab und lief, als wäre ich am Start
auf den ersten hundert Metern.
Überhaupt war ich etwas verrückt in der Nacht. Die Vögel
riefen mir Sätze zu wie: „Lauf ins Ziel.”, „Viel Glück!”,
„Halte durch!”, „Lass mich zufrieden!” und allerhand anderen Kram.
Einsam im Wald, mit Schatten, die mir sagte, da wäre
jemand im Wald direkt hinter mir. Einmal erschrak ich,
weil meine Trinkflasche ein Geräusch machte, und ich
dachte, da wäre jemand, der, direkt hinter mir, etwas
wollte. Da konnte ich laufen. Und ein Wildschwein
hatten Joachim und ich aufgeschreckt.
Nicht schlimm.
Es lief in den Wald.
Dann, endlich, die letzten hundert Meter. Ich sammelte
mich.
Stolz war ich schon im Ziel.
Verdammt hart war
das schon!
Joachim machte Fotos. Die Fotografin machte Fotos. Ich
lief zwei mal über die Ziellinie. Ich wäre noch öfter
darüber gelaufen, hätte man mich dazu aufgefordert.
Wahrscheinlich bis die Batterien alle gewesen wären.
Ich war so glücklich, es geschafft zu haben.
Und da waren sie wieder. All die netten Leute im Ziel.
Irgendwann war ich erstversorgt und ging zu den warmen
Duschen. Normal war ich noch lange nicht. Eher noch
ziemlich trunken und verrückt. Kölsch vielleicht?
Langsam, vorsichtig ausziehen. Einige Spuren hat die
Veranstaltung schon hinterlassen.
Nicht nur die paar Blasen!
Da waren die netten Leute, die Gespräche und das:
„Ich hatte es geschafft!”
Dann ruhte ich Stunden. Dagmar kam und Charly lag
neben mir auf der Decke in der Morgensonne.
Ich erholte mich etwas und bald gab es
das leckere Buffet. Die Siegerehrung und mehr.
Eine sehr schöne, beeindruckende Veranstaltung.
Vielen Dank an alle, die das ermöglichten.
Letzte Änderung: 11.07.2016 (III. Korrektur)
© Joerg Segger
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