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Vorankündigung.
Die Radbegleitung startet gleich.
Kurz vor dem Start.
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100Km Biel am 11/12.06.2010 mit neun Bildern
Ich sitze auf dem Balkon unserer Ferienwohnung in Davos. Herrlich, mit Blick auf die Berge. Die Sonne scheint und ich schreibe. Versuche, die Eindrücke festzuhalten. Die Fahrt nach Davos war nicht sehr anstrengend. Kein LKW–Verkehr, keine Staus und ich bin ziemlich gut erholt nach dem Bieler Lauf. Nur die Wade zwackt etwas.
Rückblick.
Am Freitag sind wir nach dem Frühstück auf altbekannten Wegen gewandert. Auf zum Maggligen. Mit der Standseilbahn ging es wieder hoch. Während ich meine Freikarte benutze, löste sich Dagmar eine Karte. Auch für den Hund. Kinder und Hunde bezahlen die Hälfte des Fahrpreises.
Oben angekommen, nehmen wir fast den gleichen Weg, wie sonst, um zur Standseilbahn zu gelangen, mit der wir wieder nach Biel, zur Altstadt, herunter fahren werden. Es ist trüb, aber schön, dort zu wandern. Jetzt nur nicht zu viel Bewegung. Am Abend ist der Lauf. Der Bieler 100 Kilometer Lauf!
Beim Bäcker, kurz vor der Standseilbahn, die uns wieder herunter bringen sollte, gibt es diesen Bäcker. Hier kauften wir schon 2005 leckeres Brot. Hier begründete sich für uns der Ruhm des Schweizer Brotes dieser Gegend. Also kauften wir Brot, Brötchen und etwas Kuchen. Dann wieder abwärts mit der Bahn. Die Bieler Altstadt ist klein aber fein. Mit Brunnen und Gaststätten, Bäckern und Fleischereien. Schön anzusehen und die großen Einkaufsmöglichkeiten einer modernen Stadt sind auch nicht weit. Das kannten wir ja alles schon. Trotzdem ist es immer wieder ein Genuss. Freundliche Verkäuferinnen bemühen sich, mir einen Adapter für den Schukostecker für das Laptop zu besorgen. Zuerst vergeblich. Zwar hatte ich schon vor Jahren entsprechende Adapter gekauft und dabei, doch nie benutzt. So war es bisher nicht aufgefallen, dass wir keine Adapter für Schweizer Schukosteckdosen besitzen. Also musste jetzt einer her, wenn wir das Laptop weiter benutzen wollten. Da waren nur noch 30 % Energie auf der Batterie.
In einem Elektrogeschäft - wo denn sonst? - konnte ich einen Adapter für 10 SFr erstehen.
Der Verkäufer ließ sich nicht in Mutmaßungen hinsichtlich der Chancen der Schweizer Nationalmannschaft bei der WM verwickeln. Das war auch nicht schlimm. Inzwischen hatte Dagmar mit einem Bekannten, den sie von einem Lehrgang her kannte und der ein MC Donalds- Geschäft in der Bieler Innenstadt führt, ein Gespräch aufgenommen.
Ein nettes Gespräch.
Der Lauf.
Dann ging es in die Unterkunft. Ausruhen für den Lauf.
Ich bin sehr schnell wieder wach und präpariere mich.
Dann fuhr ich mit dem Auto zum Start und bin schon 4 Stunden vorher dort und hole meine Startunterlagen ab.
Die Nudeln kosten jetzt 10 SFr. Macht nichts. Ich lasse mir reichlich auftun. Lecker.
Auf dem Weg zum Auto treffe ich eine Laufbekannte. Sie wird in Kirchberg, bei 56,4 Km aussteigen. Noch hofft sie, bei ihrer 3. Teilnahme gut durchzukommen und freut sich auf den Lauf. Das tun wir doch alle. Warum sonst sollten wir hier zu einem 100 Kilometerlauf antreten?
Keiner weiß, wie es auf der Strecke aussehen wird. Das ist jedes Jahr anders. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Restergeiz steckt in jedem von uns, auch wenn wir immer behaupten, wir laufen nur aus purer Freude. Wir wollen uns eine gute Zeit erkämpfen. Dafür trainieren wir doch!
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Ich versuche, im Auto etwas abzuruhen. Rein körperlich gelingt mir das. Ich weiß schon, dass der Drei- Tageslauf an der Rur über insgesamt 175 Kilometer mit Sicherheit Konsequenzen einfordern wird. Trotzdem liebäugele ich noch immer mit einer besseren Zeit als im letzten Jahr. Denkste - Falschberechung! Immerhin habe ich mehr als 15 Kilogramm seit dem abgenommen. Eventuell hat die große Portion Nudeln meinen Verstand etwas getrübt. Vielleicht war es das Rindfleisch oder im Tomatenmark? Denn die Wahrheit liegt auf der Strecke und in der Nacht, der Bieler Laufnacht. Der Nacht der Nächte, wie der 100 Kilometerlauf vermarktet wird.
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Immer noch in Biel - Nähe Aare - Büren - Kanal.
Aarberg.
Kurz vor dem Berg vor Arch.
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Ich freue mich auf den Lauf. Gedanken an die Arbeitswelt. Man muss auch verdrängen können. Ich bin in Biel. Wir hatten bis hierher schon schöne Urlaubserlebnisse. Warum soll ich jetzt an Arbeit denken?
Trotzdem, Gedanken an die Arbeitswelt, die Familie, gehören dazu. Dagmar sitzt sicher bei einem Gläschen Wein im Restaurant und isst etwas Leckeres. Das tat sie ja auch.
Ich steige aus dem Auto. Die Radbegleiter gehen auf die Strecke. Ich suche mir ein ruhiges Plätzchen an einem Sportplatz in der Nähe des Starts.
Beobachtung der Laufgemeinschaft. Für mich immer wieder spannend.
Dann ist es so weit. Ich bin immer noch viel zu ruhig. Nur einen Läufer, den ich von vielen anderen Veranstaltungen her kenne, streife ich aus den Augenwinkeln mit Blicken. Der ist auf andere fixiert. Ich beobachte und genieße die letzten Sekunden vor dem Start. Das Gewitter spielt sich woanders im Jura ab. Biel und die Läufer bleiben verschont.
Leider kühlt es sich gar nicht ab. Der Startschuss bringt die Läufer auf die Strecke. Es ist sehr schwül. Teilweise ist es in der Stadt ziemlich ruhig an der Strecke. Teilweise wieder sehr belebt. Dagmar steht an der Strecke. Ich höre den Hund schon von Weitem winseln.
Ich habe zu wenig getrunken. Jedenfalls für die Witterung. Das wird sich noch rächen. Noch fühle ich mich besonders gut und ich laufe völlig frei und enthemmt.
Den Berg hinter Nidau hoch. Herrliche Aussichten auf die Lichter der Nacht.
Jens. Es geht immer noch sehr gut. Allerdings ahne ich, dass sich das bald schnell ändern wird. Ich bekomme plötzlich wahnsinnigen Durst und trinke einen halben Liter Apfelschorle, den ich dabei hatte.
Ich habe immer noch Durst. Wahnsinnigen Durst. An einer Verpflegungsstelle tanke ich richtig auf. Dort fülle ich auch die Trinkflasche. Es ist nicht einfach, mit vollem Bauch anzulaufen. Nach einigen Metern geht das. Ich schwitze wahnsinnig und habe immer noch Durst. Es ist sehr schwül. Immer noch. Ich bin auch viel zu schnell angelaufen. Endlich, an der nächsten Verpflegungsstelle, trinke ich so viel, dass ich langsam weniger Durst habe. Ich laufe immer noch, nur wenig durch Gehpassagen an Steilstücken, unterbrochen. Schön, hier zu laufen. Trotzdem–muss man hier teilnehmen? Das war definitiv meine letzte Teilnahme! Oder?
Ja!
Im Marathonziel steige ich doch nicht aus. Kilometer 40. Meine rechte Wade zwackt plötzlich. Ich Trottel bin jetzt doch weiter gelaufen. Nun, ich überlege mir noch, ob ich 2011 wieder dabei bin, wenn es möglich ist.
Aber ich könnte doch in Kirchberg aussteigen und komme trotzdem in die Wertung. Besser, als wenn die Wade ganz zumacht und ich unterwegs aussteigen muss! Oder doch nicht?
Bei Kilometer 50 kommt uns ein Läufer entgegen. Er sucht sein Halstuch. Als wenn das jetzt wichtig wäre. Ist es nicht! Jedenfalls für mich nicht. Soll ich wirklich aussteigen? Ein Läufer spricht mich schwiezerich an und meint, das wir jetzt die Hälfte hätten. Ha, die Hälfte? So wie ich mich fühle, ist das niemals die Hälfte. Das schlimmste muss noch kommen. Die anderen 50 Kilometer sind dann viel länger! Joachim hatte ich getroffen. Im Marathon Ziel sprachen wir uns kurz. Er meinte, seine Beine wären in Ordnung, er sei aber so müde, dass er auf der Strecke Zickzack laufen würde. Ich laufe Zickzack, weil ich plötzlich so kaputt bin. Warum habe ich auch den Rurlauf gemacht. Eine Woche davor.
Das ist doch alles Blödsinn! Wahnsinn, so etwas vor dem Bieler Lauf zu machen.
Ich steige in Kirchberg aus. Dort werde ich dann noch in die Wertung kommen. Obwohl, die Wade geht doch recht gut. Nur ein leichter Schmerz.
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Ich teste verschiedene Beanspruchungen der Wade beim Laufen aus. Nun, eine Ausrede auszusteigen ist schon da. Aber so richtig will ich das nicht wahrnehmen. Ich will doch weiter laufen oder? Der Durst ist jetzt auch vorbei. Ich konnte sogar urinieren. Außerdem ist es ab und an doch etwas kühl. Keine Sterne, kein Mond, statt dessen eine geschlossenen Wolkendecke.
Ich denke an den tollen Empfang in Aarberg, vor Stunden. Mehr noch, als im Jahr davor. Fantastische Stimmung wieder einmal. Es brodelte, als wir über die historische Holzbrücke liefen. Das war doch schön oder?
Da wurden wir Läufer als Helden gefeiert. Soll ich in Kirchberg, als Waschlappen aussteigen, nur weil die Wade etwas schmerzt, ich kaputt bin, weil ich vor Biel viel zu viel gelaufen bin?
So schlimm ist das nun auch wieder nicht. Verlockend früh wäre ich allerdings in meinem Bett. Schlafen, einfach nur schlafen.
In Kirchberg esse ich Äpfel und etwas Kuchen. Obwohl ich das süße Zeugs jetzt gar nicht mag. Das hängt mit meiner Ernährungsumstellung zusammen, die mich 15 Kilogramm Körpergewicht verlieren ließ. Gut so. Trotzdem, der Körper läuft sich ganz anders. Hier und jetzt sind diese Gedanken nicht zu gebrauchen. Ich habe wahnsinnigen Hunger und muss etwas essen. Allerdings habe ich gar keinen Appetit auf das süße Zeugs. Wo sind die Wiener Würstchen vom Rennsteiglauf, die ich so mag? Wo die Schmalzbemmen, Wurstbrote und der Schleim? Obwohl ich sicher keine Fettbemme gegessen hätte. Meine Gedanken springen. In diesem Jahr hatte ich viele Passagen der Strecke bewusster erlebt und weiß ziemlich genau, welcher Streckenabschnitt bei welchem Kilometer kommen muss, wie er aussehen wird. Unterwegs wird viel gefeiert. Mehr als im letzten Jahr. Es ist immer noch sehr warm. Am frühen Morgen wird gegrillt, Bier wird getrunken und alle sind sehr lustig und laut. Viele freundliche Menschen sind unterwegs. Man spürt die Achtung vor der Laufleistung. Egal, wann man im Ziel ankommen wird. Dann weiß ich es: Ich werde erst nach mehr als 13 Stunden durch das Ziel laufen (13:26:16 h). Und ich werde darauf sehr stolz sein!
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Hoch geht`s!
Noch einen Kilometer.
Es rollt immer noch.
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Ich esse ein paar Apfelstückchen, lutsche Orangenstückchen aus und esse dann doch den süßen Kuchen. Trinken, dass mache ich, viel Wasser und etwas Cola. Na ja, die Wade ist nicht völlig in Ordnung, aber es geht. Ich laufe weiter. In der Wade zieht es leicht, wenn ich anlaufe oder am Anfang eines Gehabschnittes. Schade! In Kirchberg hätte ich doch gut aussteigen können. Am Emmendamm bin ich mir sicher: Ich komme durch! Ich laufe bis zum Ende. Es ist schon sehr hell und man braucht die Lampe fast gar nicht mehr. Ich bin hochkonzentriert und hebe die Beine, wenn Wurzeln oder Steine kommen.
Die Vögel zwitschern. Weiter so! Ich laufe. Oder ich gehe, wenn ich nicht mehr laufen kann. Klar, das wird gehen. Ich kann sogar wieder genießen. Die Kraft ist fast weg. Trotzdem, es geht oder es läuft, je nachdem. Kurz vor Kilometer 60 der Verpflegungsstand unter der Brücke. Alles ist mir vertraut. Mir scheint plötzlich, dass ich die Leute hier kenne.
Cola und Wasser trinke ich.
Etwas süßen Kuchen mit Marmeladenfüllung. Dann zwinge ich mir die süßen Powerriegel hinein, die ich für Notfälle immer dabei habe. Plötzlich kann ich wieder laufen. Gut laufen. Für Kilometer 60 bis 70, wobei das sicher nur so 9 Kilometer waren, wie ein mit GPS-Uhr ausgerüsteter Läufer mir unterwegs bestätigte, brauche ich nur eine Stunde.
Dann wieder ein leichter Einbruch.
Vor Arch den Anstieg hoch. Hinter mir der Läuferwurm ist lang. Ich blicke in die Landschaft und plane schon die Vorbereitung für nächstes Jahr. Dann muss ich sogar lachen, weil mir einfällt, dass ich doch ein Jahr aussetzen wollte. Warum? Ich gehe immer noch, auch als die Steigung vorbei ist. Dann laufe ich an und laufe die Straße nach Arch herunter. Herrliche Blicke auf das Jura. Leider habe ich keine Lust, den Fotoapparat in Stellung zu bringen um die Aussicht festzuhalten. Das mache ich dann im nächsten Jahr! Dann gehe ich mal wieder ein Stück.
In Arch geht es wieder. Ich kann einige Kilometer gut laufen. Immer am Aare–Büren- Kanal entlang. Laufen, wenn auch sehr langsam. Immer wieder Gehpausen. Dann wieder laufen. In Piterlen weiß ich wieder, dass ich so platt bin, weil der Rurlauf dass so einfordert!
Na und? Ich bin bald im Ziel. Sollte ich kriechen müssen, werde ich das machen!
In Anbetracht aller Dinge in diesem Jahr, bis hierher nach Biel, läuft es doch fantastisch. "Spinner!", sage ich in Gedanken. Aber ich laufe wieder an. Bin bald im Ziel.
Kein Gedanke noch daran, dass ich ja eigentlich in Kirchberg aussteigen wollte. Bin ich aber nicht. Und das war gut so!
Kilometer 98. Wäre ich nicht so platt, hätte ich einen Luftsprung gemacht. Ich springe nur in Gedanken. Dann das Schild mit der 99 darauf. Fast hätte ich es umarmt!
Das war definitiv mein schwierigster Bieler 100 Kilometerlauf bis dahin. Die Medaille habe ich mir verdient. Dann tauchen Dagmar und Charly etwa 800 Meter vor dem Ziel auf. Ich lasse mir meine Endzeit versauen und schwatze etwas mit Dagmar. Dann will ich aber doch weiter und laufe stolz durchs Ziel!
Ich habe es geschafft! Ich fühle mich ganz toll. Nicht kaputt. Die Wade ist etwas hart aber ich kann fast normal gehen.
Kein Gedanke mehr daran, dass 2010 meine letzte Bielteilnahme sein sollte. Jedenfalls wollte ich mal aussetzten.
Kein Gedanke!
Dafür gab es dann auch etwas Sekt!
Man muss die Feste feiern, wie sie fallen.
/Bericht 2010/
Letzte Änderung: 21.06.2010
© Joerg Segger
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